Grundlagen

9 Rechtsverständnis im Sinne des Projekts

Recht ist im Sinne des Projekts nicht bloß ein System von Regeln, sondern Ausdruck eines ethischen Grundprinzips: des Willens zur Gerechtigkeit. Es entsteht dort, wo Menschen sich wechselseitig anerkennen und verbindliche Formen des Miteinanders schaffen. Recht ist Beziehung, nicht Befehl.

In Anlehnung an Rudolf von Ihering ist das Recht kein Geschenk des Staates, sondern eine Errungenschaft – errungen im Kampf um Anerkennung. Wer Unrecht schweigend hinnimmt, verwirft ein Stück seiner eigenen Würde. Recht lebt davon, dass Menschen es ernst nehmen, sich auf es berufen, es schützen und weiterentwickeln.

Georg Jellinek betont die soziale Funktion des Rechts: Es ist nicht nur ein individueller Besitzstand, sondern ein gesellschaftlicher Zusammenhang. Ein Rechtssystem, das Menschenrechte nur deklariert, sie aber nicht garantiert, ist unvollständig. Deshalb übernimmt der Staat im Sinne des Projekts eine klare Rolle als Garant: Er muss die tatsächliche Zugänglichkeit zu Rechten sicherstellen – institutionell, sozial und kulturell.

Recht im Sinne des Projekts ist dynamisch. Es entsteht in der Spannung zwischen Ordnung und Gerechtigkeit, zwischen Individualität und Gemeinschaft. Es ist nicht bloß Legalität, sondern gelebte Legitimität. Es lebt vom Dialog, von der Nachvollziehbarkeit, von der Bereitschaft zum Wandel.

Ein gerechtes Rechtssystem schützt nicht nur vor Übergriffen – es ermutigt zur Selbstbehauptung, zur Kritik, zur Teilhabe. Es ist kein Käfig, sondern ein Möglichkeitsraum. Und es darf niemals über dem Menschen stehen, sondern muss sich an dessen Würde messen lassen.