Heimat – Dort, wo ich sein darf
„Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“ – Der Satz aus Goethes Faust klingt einfach, beinahe beiläufig. Doch in ihm wohnt eine ganze Welt. Eine Welt aus Sehnsucht, Würde und der tiefen Frage: Wo ist meine Heimat?
Manche Menschen kennen sie mit geschlossenen Augen. Es ist das Licht auf dem Feld, der Geruch in der Küche, das Grollen eines Gewitters über vertrauter Erde. Sie sind verwurzelt, wie Bäume, die nicht wandern wollen, selbst wenn der Sturm kommt. In der Ukraine haben wir solche Menschen gesehen: Sie blieben in ihren Dörfern, obwohl der Tod kam. Nicht aus Naivität, sondern weil sie wussten: Ohne diese Erde bin ich nicht mehr ganz.
Andere tragen ihre Heimat in sich. Sie sind unterwegs, über Grenzen hinweg, durch Sprachen hindurch, und sie erkennen ein Zuhause im Blick eines Fremden, im Lachen eines Kindes, in einem Moment stiller Verständigung. Sie glauben: Der Mensch ist überall Mensch.
Und es gibt jene, die nicht wissen, ob sie überhaupt gemeint sind, wenn jemand „Heimat“ sagt. Sie fragen sich: Darf ich sein? Hier? Überall? Irgendwo? Sie zweifeln, weil sie zu oft erlebt haben, dass ihre Menschlichkeit nicht gesehen, nicht geschützt, nicht geachtet wurde.
Das Projekt sagt: Heimat ist nicht Besitz, nicht Grenze, nicht Fahne. Heimat ist der Raum, in dem du sein darfst, ohne dich zu rechtfertigen. Wo du gehört wirst, ohne laut sein zu müssen. Wo dein Dasein angenommen wird, ohne Bedingung.
Heimat ist nicht nur ein Ort. Sie ist ein Geschehen. Ein „Willkommen“. Ein „Ich sehe dich“. Ein „Bleib“. Und manchmal ist sie nur ein Wort, das dich meint. Ein Versprechen, das gehalten wird. Ein Mensch, der dich lächeln lässt.
Vielleicht ist das unser Auftrag: Heimat nicht nur zu suchen, sondern zu sein. Für andere. Für einander. Inmitten einer Welt, die oft fragt, was du kannst oder hast, ist Heimat dort, wo du einfach sein darfst.
Hier. Jetzt. Als Mensch.