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Das Projekt im Kontrast zur Neuen Rechten

In den letzten Jahren ist viel von „neuen Denkern“ die Rede: Alexander Dugin, Martin Sellner, Benedikt Kaiser – Vertreter einer metapolitischen Rechten, die sich auf Philosophie beruft, um Politik zu machen. Ihre Texte wirken geschult, ihre Rhetorik diszipliniert, ihr Selbstbild: das der geistigen Avantgarde gegen eine angeblich dekadente Moderne.

Doch was hier oft als Philosophie erscheint, ist in Wahrheit eine Strategie. Keine offenen Denkbewegungen, sondern geschlossene Systeme. Kein Fragen, sondern Bekräftigen. Keine Anthropologie – sondern Mythologie. Die Begriffe, die sie verwenden – Identität, Ordnung, Souveränität – sind nicht als Fragen gedacht, sondern als Antworten. Als Dogmen, nicht als Wege.

Das Projekt steht quer dazu. Nicht als Gegenschlag, sondern als Alternative. Er beginnt beim Menschen – nicht bei der Nation. Bei der Beziehung – nicht bei der Grenze. Er ist offen, tastend, lebendig. Er will nicht zurück, sondern verstehen, was jetzt ist. Und er fragt, was morgen sein kann, wenn wir dem Heute mit Aufrichtigkeit begegnen.

Die sogenannte Neue Rechte liest Autoren wie Ernst Jünger, Carl Schmitt, Heidegger – aber sie nimmt ihnen ihre inneren Konflikte. Ihre Texte erscheinen wie Stahl, doch Philosophie ist kein Panzer. Philosophie beginnt mit Demut. Mit der Bereitschaft, sich selbst zu befragen, statt andere zu beherrschen. Der Mensch zweifelt innerhalb des Projekts nicht aus Schwäche, sondern aus Stärke. Er will sich nicht behaupten, sondern bezeugen.

Wo rechte Denker die Welt als Kampfzone sehen, erkennt das Projekt sie als Resonanzraum. Wo sie Macht durch Klarheit gewinnen wollen, sucht er Klarheit ohne Machtstreben. Der Unterschied ist entscheidend: Das Projekt ist keine Theorie der Überlegenheit, sondern eine Haltung des Innehaltens. Er will nichts restaurieren, sondern das Menschliche im Menschen stärken – auch und gerade in der Unsicherheit.

Philosophie, wenn sie ernst genommen wird, macht verletzlich. Sie verlangt Nähe zur Wirklichkeit, nicht Flucht in Konzepte. Das Projekt bleibt verwundbar, weil er offen bleibt. Und das ist sein größter Wert: Er braucht keine Feindbilder, um sich zu verstehen. Er genügt sich nicht, aber er verstellt sich auch nicht. Er spricht, weil er hören will.

In einer Welt voller Programme ist er vielleicht genau das: eine Einladung, wieder zu denken. Nicht um zu siegen. Sondern um zu leben.